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Die Neuzeit ab dem Jahr 2000
 
Die Neuzeit steht im Zeichen unserer anpassungsfähigen Wildsauen.
Im Schutz des Jagdverbots vermehren sie sich stetig und das mit einem Tempo,
wie es ansonsten nur die sexsüchtigen Nager unter uns schaffen.
In Gruppen von vier bis fünf, manchmal sogar im Dutzend
fallen die nach einer Tragzeit von rund 135 Tagen vom Muttertier abgeworfenen,
niedlichen, längsgestreiften Wildsauenfrischlinge über unsere spät Nachtens
und früh Morgens menschenleeren kulturellen Begegnungsstätten her,
in der Gewissheit, dort reichlich Nahrung und Leckbier vorzufinden.
 
So ergeben sich schon in jüngsten Tagen ihres Frischlingsdaseins
immer wieder zufällige Begegnungen mit dem Kulturgut Musik,
mal durch im Schlaf singende berauschte Musiker,
mal durch das Schwänzeln an Musikinstrumenten, welches
 
 
 
durchaus auch filigrane Tonfolgen erzeugen kann.
 
 
Das erste Septemberfest im neuen Jahrtausend:
 
Wir schreiben den 2. September 2000.
Es ist der Tag nach dem 1. September 2000 und der Tag vor dem 3. September 2000.
Ein denkwürdiger Tag und wie es dazu kam:
 
Ja, wie soll ich sagen, ganz banal.
Es gab keinen historischen Anlass, es gab da nur einen inneren Trieb,
ein inneres Bedürfnis zweier Urbörnster.
Der eine fuhr mit seinem Fahrrad nach Norden, der andere nach Süden.
Sie hätten auch nach Osten oder nach Westen fahren können.
Ja, und was soll ich sagen,
ihr werdet es sicherlich schon denken:
in Schulze Berning´s Kurve begegneten Sie sich und sie hielten inne.
 
Zur selben Zeit und auch in Börnste,
nur 300 Meter weiter,
lagen die drei Haussauen von Mutter Krunke in der strahlenden Spätsommersonne.
Sie hatten es sich vor Krunke´s Haussauenstall auf der grünen Wiese gemütlich gemacht
und genossen ihre Vollpension.
 
Ihre zahlreichen und prall mit Milch gefüllten blanken Brüste
reflektierten das Sonnenlicht
und erregten so die Aufmerksamkeit eines Zaungastes.
 
Der Wildsaueneber Eberhard drehte täglich seine Runde durch sein Börnster Revier.
Reviermarkierungen hatte er nicht nötig,
da hob er sich wohltuend von seinen Erzfeinden, den Börnster Straßenkötern ab,
die den Glanz Ihrer Männlichkeit zur fortwährenden Einfriedung ihrer Besitzansprüche nutzten.
 
Was ekelte ihn der Anblick
dieser doch ganz und gar nicht mit ihm auf einer Evolutionsebene stehenden
kleffenden Vierbeiner,
die jeden Strauch, jeden umher liegenden Stein und jeden Grashalm
zu ihrer Befriedigung nutzten und mit ihrem Kleinen Marken setzten.
Nein, seiner sollte für höhere Aufgaben bestimmt sein.
 
Eben dieser Eberhard lag just in dem Moment,
wo sich die zwei Urbörnster in Schulze Berning´s Kurve zufällig begegneten,
unbemerkt im grünen Gras vor Mutter Krunke´s Haussauenwiese.
Die prall gefüllten Dinger hatten es ihm angetan und er spürte nach und nach,
wie seine männlichen Wildsauentriebe ihn veränderten
und rationales Denken mehr und mehr unmöglich machten.
 
Sein Kleiner nahm ihn voll und ganz in Besitz.
 
Ihn trennte nur ein Elektrozaun von seinem Glück.
Dieses neumoderne Drahtgebilde hatte der kluge Hausherr
vor kurzem zum Schutz seiner Sauenzucht installiert,
befürchtete er doch Übergriffe anderer Spezies
auf seine reich- und vollbusigen aber schutzlosen Muttertiere.
 
Eberhard´s Glück war damit nah, aber doch auch so fern.
Er war geboren um wild zu sein (auf platt: Born to be wild).
Männliche Wildsauentriebe
und geboren um wild zu sein,
da blieb nur eins: Angriff.
 
Und dieser Angriff hatte sich gelohnt, ehe er sich´s versah,
war der Kleine richtig Groß, nie geahnte Stimmulanz,
große Gefühle und das im Sekundentakt, fortwährend.
Er war jetzt ein richtiger Wildsauenmann.
 
Das er bei seinem Versuch, sein Mannesglück zu erleben,
am Elektrozaun hängen blieb und es letztlich die rhythmischen Stromschläge waren,
die ihn so beglückten, das war in seinen Augen nur ein kleiner Schönheitsfehler.
 
Die Berührung mit einem warmen, weiblichen Haussauenkörper fehlte zwar,
aber er fing ja gerade erst an, die Möglichkeiten seines eigenen Körpers zu erforschen.
Eine Sinnesüberflutung hätte ihn da wahrscheinlich nur überfordert
und aus den von den Stromschlägen vorgegebenen Rhythmus gebracht.
Er sagte sich: Schritt für Schritt, Step by Step und genoss.
 
Doch zurück zu den inneren Trieben und Bedürfnissen unserer zwei Urbörnster.
Ihr erinnert euch: Vor anderthalb Seiten trafen sie sich in Schulze Berning´s Kurve,
also unweit von Krunke´s Haussauenstall.
 
Sie standen da am Straßenrand.
Diese zwei innerlich jung gebliebenen,
von der Sonne des langsam zu Ende gehenden Sommers 2000 ausgetrockneten Individuen
mit ihren Fahrrädern in der Hand.
Eine Fete musste her, es dürstete, Flüssigkeit auftanken war angesagt.
Aber bitte nicht eine dieser schnöden,
langweiligen Party´ s bei der du zu Beginn schon weißt,
dass am Ende nichts gewesen war.
 
Die Partnersuche war schon lange abgeschlossen
und wer keine mitbekommen hatte, für den gab´s auch kurzfristig nichts mehr zu holen.
Also Fass auf, Bier raus und in den Schädel?
 
Nee, nicht so, diesmal sollte es anders werden.
Ein musikalisches Happening, Kleinwoodstock,
eine Golden Summernight,
Rockmusik in Börnste.
 
 
Der Whisky, bekannt für sein Organisationstalent
und seine Entscheidungskraft und der Dülmener Oberrocker Heribert Koch,
damals die treibende Kraft der Dülmener Musikszene,
über die beiden müsste es gehen, dachten sie.
 
 
Ging dann doch nicht, aber In Tune, die konnten.
Ein Tun. Während Wochenfrist wurden alle Leute eingeladen,
keine Bühne aufgebaut
und so konnte es am 2.9.2000 in Feldmann´s Hütte steigen:
 
Das erste Septemberfest der Neuzeit
 
Eine Septemberfestzeitung gab es damals noch nicht,
aber es existieren Fotos und es gibt Erinnerungen.
 
Erinnerungen, Momente, die man nicht vergisst,
ja wie soll ich sagen,
Bilder, die im Gedächtnis eingebrannt bleiben wie Schlüsselszenen eines Films,
dessen einhundertste Wiederholungsschleife
du gerade im Öffentlich Rechtlichen gesehen hast.
 
Erinnern wir uns zum Beispiel an den Spruch,
den Herr A. (wie Arnim) Scheithauer zwischen zwei Songs scheinbar beiläufig ins Mikrofon hauchte:
„Wir erwarten noch zwei Busse,
(…30 Sekunden Pause…),
Herrn Buss und Frau Buss.
 
Welche logistischen Fragen hat der erste Halbsatz in uns hervorgerufen:
Wie sollen wir die den Bussen entsteigenden
Mitmenschen denn unterbringen, war Feldmann´s Hütte doch jetzt schon voll,
hatten wir überhaupt an Busparkplätze gedacht…
dann nach dem ersten Aufatmen,
es sind nur Herr Buss und Frau Buss, die erwartet werden,
die Frage: Wer ist das, wie sehen die aus, passen die zu uns?
 
Ach ja, hätte man diese Erinnerungen nicht,
es würde uns was fehlen.
 
In Tune, das Trio aus Marl, Bottrop und Dülmen spielten
in der Besetzung:
 
Arnim Scheithauser: Gitarre & Gesang,
Matthias Hommel: Bass & Gesang
sowie Axel Gresch, Gitarre & Gesang.
 
Auf dem Programm standen Songs von
Bob Dylan,
Crosby, Stills & Nash,
Simon und Garfunkel
und anderen.
 
Meisterwerke aus dem Repertoire ihrer im Jahr 1999 erschienenen CD
„There ain´t nobody left…. But us!!!
waren ebenso vertreten wie altdeutsches Liedgut.
75 geladene Gäste waren anwesend,
Feldmann´s Hütte stand Kopf. In Tune eroberten Börnste.
 
„Really Forever“,
“Thought That I Was Dreamin´”,
“Flowers & Love“ oder
„Drift Away“ (nicht wahr Nob)
begleiteten die Septemberfestgemeinde fortan.
 
 
An langen Winterabenden erschallten die Klänge
des kreisrunden Silberlings durch die Schornsteine der knisternden Herdfeuer hinaus
in die verschneite, ruhende Landschaft.
 
Spuren im Schnee zeugten von der Anwesenheit weiterer Musikfreunde.
Wildsauen näherten sich an diesen besagten Winterabenden vorsichtig
und mit respektablem Sicherheitsabstand den menschlichen Anwesen.
 
In jenem Winter tat sich hierbei besonders die Folkmusik liebende,
anmutige, schwarzborstige, bildhübsche aber
geheimnisvolle Wildsau Martha hervor.
Musik so klar wie ein kalter, wolkenloser, von der Sonne verwöhnter Wintertag,
dreistimmiger Gesang, da konnte sie nicht widerstehen.
 
 
Copyright: Alli Ackerweib
Aus dem Buch: Wildsauen und Kultur
Die Geschichte der Börnster Live-Musik
 
 

 

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